Berichte

© Harry Soremski

Kasseler Appell 2019

Pressemitteilung

Kassel, 4. April 2019

–– Kasseler Appell ––

Weiteres Ausbluten der Gesundheitsämter  muss gestoppt werden!
Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst fordern Bezahlung nach Ärztetarif!

Einen eindringlichen Appell richtet der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) an die politisch Verantwortlichen. Dies geschah auf dem 69. Wissenschaftlichen Kongresses in Kassel.

Die Vorsitzende des BVÖGD, Dr. Ute Teichert sagte:

„ Die Gesundheitsämter in Deutschland stehen vor einem Kollaps. In den letzten zwei Jahrzehnten ist die Zahl der Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst drastisch zurückgegangen. Nach der neuesten Statistik der Bundesärztekammer waren Ende 2018 in den knapp 400 deutschen Gesundheitsämtern nur noch 2.519 Medizinerinnen und Mediziner beschäftigt – rund 1/3 weniger als vor 20 Jahren. Das sind lediglich 0,6 Prozent aller berufstätigen Ärztinnen und Ärzte in Deutschland. Von den 784 noch berufstätigen Fachärztinnen und Fachärzten für Öffentliches Gesundheitswesen sind 343 (rd. 44 Prozent) älter als 60 Jahre und werden sich in wenigen Jahren im Ruhestand befinden.“

In vielen Gesundheitsämtern führt der Ärztemangel längst zu einer permanenten Überlastung des vorhandenen Personals und droht sich weiter zu verschärfen. Der ÖGD blutet buchstäblich aus. Seit dem ende des letzten Jahres muss das Gesundheitsamt im thüringischen Unstrut-Hainich-Kreis völlig ohne Ärzte auskommen. Leider kein Einzelfall. Im ganzen Bundesgebiet fehlen im öffentlichen Dienst arbeitende Ärzte.

Dies zeigt: Es ist bereits fünf nach zwölf!

Der Gesundheitsschutz der Bevölkerung steht auf dem Spiel! Die Aufgaben des ÖGD können nur dann wirksam wahrgenommen werden, wenn die Gesundheitsämter vor Ort über die nötigen personellen und finanziellen Ressourcen verfügen.

Wie wichtig Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Dienst sind, zeigen ihre vielfältigen Aufgaben:

Sie untersuchen Kinder vor der Einschulung, sorgen dafür, dass sich Infektionskrankheiten wie Tuberkulose oder Salmonellen nicht verbreiten, überprüfen die Trinkwasserqualität und sorgen für die Einhaltung der Hygienevorschriften in ambulanten und stationären Einrichtungen.

Viele Gesundheitsämter können die Überwachung von Kliniken und Arztpraxen kaum noch bewerkstelligen. Dringend erforderliche Verbesserungen beim Impfschutz der Bevölkerung stoßen an Grenzen. Hierfür müssen Gesundheitsämter in Schulen und Kitas durch Aufklärung und eigene Impfaktionen in die Lage versetzt werden, aktiv vor Ort tätig zu werden.

Die  zentrale Ursache dieser dramatischen Entwicklung ist die schlechte Bezahlung der Kolleginnen und Kollegen des ÖGD im Vergleich zu den Klinikärzten. Die Ärzte in den Gesundheitsämtern werden nicht nach dem Tarifvertrag für Ärzte bezahlt werden, was einen finanziellen Verlust bis zu 1.500 € im Monat bedeutet. Deshalb fordert der BVÖGD die tarifliche Gleichstellung mit den Ärztinnen und Ärzten in den kommunalen Krankenhäusern durch einen Tarifvertrag mit dem Marburger Bund.

Ärztinnen und Ärzte im ÖGD sind keine Ärztinnen und Ärzte zweiter Klasse!

Wir fordern daher ein Ende der Verweigerungshaltung der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA).
Statt mit dem Marburger Bund über die substanzielle Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Kolleginnen und Kollegen in den Gesundheitsämtern zu verhandeln, bewegt sich die VKA keinen Zentimeter.

Lippenbekenntnisse zur Stärkung des ÖGD helfen nicht mehr weiter.

Jetzt muss endlich gehandelt werden! Die Ärztinnen und Ärzte müssen besser bezahlt werden!

Hier finden Sie den Kasseler Appell als PDF