Fachliche Stellungnahmen

Stellungnahme

Novellierung der PsychKGs in den Bundesländern

Der Fachausschuss Psychiatrie des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes begrüßt ausdrücklich alle Initiativen der Gesetzgeber in Bund und Ländern, die Rechte der von psychischer Erkrankung betroffenen Menschen zu stärken und dementsprechend das Unterbringungsrecht der Länder nicht nur an die aktuelle Rechtsprechung des BGH zur Zwangsbehandlung gemäß 1906 BGB anzupassen, sondern grundsätzlich im Sinne der UN-BRK die Hilfen nach den PsychKGs weiter zu entwickeln.

Wo bisher lediglich an eine Modernisierung eines rein ordnungsrechtlich ausgelegten Landesunterbringungsgesetzes gedacht ist, wird angeregt, ein Gesetz über Schutz- und Hilfsmaßnahmen für Menschen mit psychischen Erkrankungen zu erlassen, in dem ein direkter Zusammenhang zwischen der Abwendung von zwangsweisen Unterbringungen und der Zugänglichmachung ambulanter Hilfen im erforderlichen Umfang hergestellt wird. Eine ausschließliche Regelung der Hilfen für psychisch kranke Menschen im jeweiligen Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst ohne einen expliziten Auftrag zur Vermeidung von zwangsweisen Unterbringungen ist nicht zielführend.

Das durch die UN Behindertenrechtskonvention beförderte Bestreben nach Inklusion, deren Voraussetzung Solidarität ist, wird durch die sich verschärfenden sozialen Unterschiede in unserer Gesellschaft, den Umbau der Sozialsysteme und die einseitige Betonung der Eigenverantwortlichkeit der Bürgerinnen und Bürger in gewisser Weise konterkariert. In dieser Situation ist es aus Sicht des FA Psychiatrie notwendig, insbesondere den psychisch erkrankten Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die erkrankungsbedingt nicht in der Lage sind, die erforderlichen Hilfen aktiv in Anspruch zu nehmen, den Zugang zu den für sie erforderlichen Hilfen zu ermöglichen, vor allem da, wo die bestehenden Angebote nicht den Vorgaben von SGB I §17, SGB IX §17, SGB V §2a und SGB X §86 entsprechen, d.h. den besonderen Belangen psychisch erkrankter oder behinderter Menschen nicht angemessen Rechnung tragen bzw., durch mangelnde Abstimmung der Sozialleistungsträger den Zugang zu erforderlichen Leistungen unmäßig erschweren, somit also nicht barrierefrei sind.

Es geht dabei vor allem darum, das gemeindepsychiatrische Versorgungssystem so weiter zu entwickeln, dass ambulante Behandlungs- und Unterstützungsangebote vor Ort, niederschwellig und, im Fall von akuten Krisen, auch unverzüglich, zur Verfügung stehen. Durch derartige „notwendige Vorkehrungen“ im Sinne von § 2 Abs. 4 UN-BRK können alle diejenigen zwangsweisen Unterbringungen abgewendet werden, bei denen die Unterbringung nur erfolgt, weil der Betroffene zwar Behandlung akzeptiert, aber nicht zum Aufenthalt in einer Klinik bzw. zum Verlassen der eigenen Wohnung zu veranlassen ist. Durch eine freiwillige Behandlung und Betreuung in der erforderlichen Dichte in der häuslichen Umgebung wäre in diesen Fällen eine Gefährdung der betroffenen Menschen mit hinreichender Sicherheit ohne Zwangsmaßnahmen auszuschließen. […]



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