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Neues Meldesystem – Bundesregierung will Infektionsschutz verbessern

Mit mehreren Gesetzesänderungen will die Große Koalition den Schutz vor Infektionskrankheiten in Deutschland verbessern. Die Meldepflicht wird ausgeweitet, elektronische Meldungen sollen die Verfahren erleichtern. Laut Experten würden die aktuellen Pläne jedoch mit einem großen Aufwand verbunden sein.

Um die Bekämpfung von Infektionskrankheiten zu verbessern und das Meldesystem zu modernisieren, legte die Bundesregierung im Januar das „Gesetz zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten“ vor. Bei einer öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags nahmen nun Experten zu den Plänen der Großen Koalition Stellung, und äußerten generelle Zustimmung zur Zielsetzung der Bundesregierung. So Anne Bunte, Leiterin des Gesundheitsamts Köln – die es begrüßte, dass ihre Behörde Meldungen von Infektionen zukünftig „endlich elektronisch übermitteln“ kann.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) soll dem Gesetzesentwurf nach beauftragt werden, bis 2021 ein Deutsches elektronisches Meldesystem für Infektionsschutz (DEMIS) aufzubauen. Doch wie beispielsweise ein Vertreter des Bundesverbands deutscher Laborärzte anbrachte, ist die Ablösung der bisherigen „Steinzeitmethode Fax“ nach den aktuellen Plänen noch mit einem sehr großen Aufwand für die Beteiligten verbunden. Von der geplanten Softwarelösung halte sein Verband „gar nichts“ – und fordert stattdessen automatisierte Meldungen über einheitliche Schnittstellen.

Laut Bernhard Bornhofen vom Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) setzt Deutschland sich mit der Einführung elektronischer Meldung „an die Spitze in Europa“. Allerdings denkt er gleichzeitig, dass das neue System nicht deutlich schneller werde – aber dafür anfälliger gegen Angriffe beispielsweise von Hackern. Auch er sieht die Mehrbelastungen für Gesundheitsämter als erheblich an.

Neben Krankenhäusern sollen zukünftig auch Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen nosokomiale Infektionen (Krankenhausinfektionen) melden müssen – wie auch das Auftreten bestimmter Antibiotika-Resistenzen und Multiresistenzen. Darüber hinaus will die Bundesregierung beispielsweise die Meldepflichten für Hepatitis B, C und D ausdehnen, Pflegeheime und andere Gemeinschaftsunterkünften sollen zukünftig über Krätze-Fälle (Skabies) berichten. Durch strengere Richtlinien zum Umgang mit und zur Vernichtung von Polio-Viren will die Bundesregierung Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Ausrottung des Polio-Erregers umsetzen.

Martin Exner, Direktor des Instituts für Hygiene und Öffentliche Gesundheit von der Uniklinik Bonn, brachte für die Deutsche Krankenhaus Gesellschaft (DKG) deren Sorgen über einen zukünftigen „enormen Dokumentationsaufwand“ zur Sprache. Außerdem betonte er die Notwendigkeit einer guten Diagnostik, welche sinnvolle Meldungen erst ermögliche: So würden bisher nach Schätzungen nur zwei Prozent aller Legionellen-Fälle bekannt, weil entsprechende Untersuchungen nicht durchgeführt würden.

Umstritten ist auch, dass Asylbewerber oder Flüchtlinge zukünftig gezwungen werden könnten, sich zur Diagnose möglicher Tuberkuloseinfektionen einer Röntgenuntersuchung zu unterziehen – wie auch Straftäter, die in eine Justizvollzugsanstalt aufgenommen werden. Hiergegen hatte sich wegen erheblicher Eingriffe in die Grundrechte beispielsweise die Linken-Politikerin Birgit Wöllert im Bundestag ausgesprochen. Doch aus Sicht der Bundesärztekammer sei dies aufgrund der Ansteckungsgefahr „angemessen“, wie ein Vertreter bei der Expertenanhörung erklärte.

Quelle: Deutsche Apothekerzeitung – 16.02.2017