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Ärztemangel in Gesundheitsämtern – negative Auswirkungen auf die Bevölkerung drohen

Ärztemangel in Gesundheitsämtern – zunehmend negative Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung und Versorgungsdefizite drohen

Anlässlich der Eröffnung des 67. Wissenschaftlichen Kongresses des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) in der nächsten Woche weist der Verband auf die notwendige Stärkung des ÖGD hin – nicht zuletzt, um Versorgungsdefizite für gesetzlich Versicherte zu vermeiden. Denn aufgrund des Ärztemangels in den Gesundheitsämtern beklagen niedergelassene Ärzte zunehmend, Amtsaufgaben wie beispielsweise Impfberatungen sowie die Erstellung von Gutachten mit übernehmen zu müssen und dadurch weniger Zeit für ihre Patienten zu haben.
„In vielen Kommunen existieren die Gesundheitsämter nur noch als formale Hülle mit wenigen Verwaltungsmitarbeitern“ erklärte die Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen, Dr. Annette Rommerl, und fordert zugleich, den ÖGD personell, finanziell und materiell so auszustatten, dass er seine Aufgaben umfassend erledigen kann.

In der Realität sind im gesamten Bundesgebiet viele Gesundheitsämter aufgrund von Ärztemangel und unzureichender finanzieller Ausstattung nicht mehr in der Lage ihren Aufgaben nachzukommen. Impfberatung, Impfschutz von Kindern, Unterbringung von psychisch Kranken und die Sicherstellung der Überwachung des Trinkwassers können neben vielen anderen Aufgaben nicht mehr überall bewältigt werden. Die Alarmmeldungen aus den einzelnen Bundesländern häufen sich: Aus Berlin wurde Mitte April berichtet, dass 43 von 315 Arztstellen, also gut 15 Prozent, in den Gesundheitsämtern nicht besetzt werden können. Bereits 2014 warnte der Deutsche Ärztetag vor dem Ausbluten des ÖGD.

In Krisensituation sind die Grenzen der Belastbarkeit erreicht

Der ÖGD stößt trotz allem Engagement der Beteiligten insbesondere in Krisensituationen regelmäßig an die Grenzen seiner Belastbarkeit. Das gilt nicht nur in der Flüchtlingsfrage, sondern hat sich bei epidemischen Herausforderungen wie Ebola, EHEC, der Vogel- und Schweingrippe sowie SARS immer wieder gezeigt. Ein entscheidender Grund dafür sind die mangelnden personellen Ressourcen, die im ÖGD bundesweit in zunehmendem Maß offenkundig werden. So ist die Zahl der Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern in den letzten 20 Jahren um ca. ein Drittel zurückgegangen – die Folge eines stetigen Personalabbaus und nicht besetzter Stellen.

Die rund 2500 Ärzte, die Ende 2016 in den kommunalen Gesundheitsämtern tätig waren, machen weniger als 1 % der insgesamt in Deutschland berufstätigen Ärzte aus. Die Bundesärztekammer meldet aktuell, dass die Zahl der berufstätigen Fachärzte für öffentliches Gesundheitswesen erstmals exakt genauso hoch ist wie die Zahl der Kolleginnen und Kollegen dieser Facharztgruppe, die nicht mehr ärztlich tätig sind.
Dies sind alarmierende Signale, die zeigen:
Ohne zusätzliche Stellen in den Gesundheitsämtern ist der Öffentliche Gesundheitsdienst nicht in der Lage, seine wichtigen bevölkerungsmedizinischen Aufgaben zu bewältigen.

Deutliche Gehaltsunterschieden zwischen Ärzten in Kliniken und im ÖGD

Der Ärztemangel im öffentlichen Gesundheitsdienst resultiert aus der schlechten Bezahlung der Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern. Die immer größer werdende Differenz im Gehaltsgefüge für Ärztinnen und Ärzte zwischen dem Krankenhausbereich und den Gesundheitsämtern macht es zunehmend schwerer und teilweise unmöglich, offene Arztstellen nach zu besetzen.

Deshalb ist eine Angleichung der Tarifgehälter der Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern unverzichtbar. Die Nachwuchsgewinnung im ÖGD ist schwierig, da die Gehälter der ärztlichen Kolleginnen und Kollegen um rund 1.000 Euro brutto im Monat niedriger liegen als die der Klinikärzte, und dies, obwohl viele Ärzte und Ärztinnen in den Gesundheitsämtern über Facharztanerkennungen in mehr als einem Fachgebiet verfügen.

Seit Jahren stößt der Verband bei der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) mit seiner berechtigten Forderung auf taube Ohren. „Trotz aller politischer Appelle verweigert die VKA eine angemessene Vergütung der Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst im Rahmen der Tarifverhandlungen“, so Dr. Ute Teichert, Vorsitzende des BVÖGD.

Kongressmotto „Gesundheit für Alle“

Unter dem Motto „Gesundheit für Alle“ findet vom 3.-5. Mai in München der 67. Wissenschaftliche Kongress der Bundesverbände der Ärztinnen und Ärzte und Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitswesens (BVÖGD) statt. Der diesjährige Kongress wird in Kooperation mit dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Umweltmedizin veranstaltet. Neben zahlreichen aktuellen Themen aus dem breiten Aufgabenspektrum des Öffentlichen Gesundheitsdienstes befasst sich der Kongress auch ausführlich mit der Rolle der Gesundheitsämter im Zeitalter des Nationalsozialismus. Hierzu wird ein vom BVÖGD im Auftrag gegebenes Gutachten vorgestellt. Zu der Veranstaltung werden mehr als 1200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem In- und Ausland erwartet.

Nähere Informationen zu Themen und Ablauf des Kongresses finden Sie auf den Seiten des LGL


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