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Ärztemangel gefährdet Infektionsabwehr

Gemeinsame Presserklärung des Landesverbandes der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (LVÖGD-Hamburg) und des dbb Hamburg

In den 7 Hamburger Gesundheitsämtern sind derzeit 9 Facharztstellen länger als 6 Monate unbesetzt. Dies ergab eine Umfrage, die der Landesverband der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (LVÖGD) durchgeführt hat. In den bundesweit rund 400 Gesundheitsämtern sind mehr als 200 Facharztstellen länger als 6 Monate unbesetzt. Dies ergab eine Umfrage, die der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) in Zusammenarbeit mit dem Marburger Bund in den 378 deutschen Gesundheitsämtern durchgeführt hat. Ärztinnen und Ärzte aus 186 Gesundheitsämtern (49,2%) beteiligten sich an der Umfrage im vergangenen Jahr.

Hauptursache für den dramatischen Ärztemangel in den Gesundheitsämtern ist die deutlich niedrigere Bezahlung der Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst gegenüber ihren Kolleginnen und Kollegen in den Krankenhäusern. Ein „normaler“ Arzt im ersten Jahr verdient im Öffentlichen Gesundheitsdienst über 850,– € pro Monat weniger als sein Kollege in einem kommunalen Krankenhaus. Zwar nähern sich die Gehälter mit zunehmender Beschäftigungsdauer an; es bleibt aber selbst in der letzten Erfahrungsstufe ein Unterschied von über 500,– € mtl. Bei steigender Qualifizierung (z.B. Fachärzte) werden die Unterschiede umso höher; hier sind mtl. Einkommensunterschiede von mehr als 1000,– € mtl. keine Seltenheit. Die unterschiedlichen Wochenarbeitsstunden (Krankenhausärzte = 42 Std. wö./ öffentlichen Gesundheitsdienst = 39 Std. wö.) machen sich nur marginal bemerkbar. Selbst bei Berücksichtigung dieser Werte, bleibt es im durchschnittlichen Quervergleich zwischen Krankenhausärzten und dem öffentlichen Gesundheitsdienst in der Gesamtbetrachtung bei Einkommensunterschieden von zumindest 700,– € mtl.

Grund dafür sind die unterschiedlich anzuwendenden Tarifverträge. So werden die Ärzte in den Krankenhäusern nach dem TV Krankenhäuser (TV Kr), die Ärzte im öffentlichen Dienst nach dem allgemein geltenden TV Länder (TV –L-) bezahlt.

„Diese Situation bereitet uns große Sorgen. Um zukünftige Grippewellen oder Infektionsausbrüche sowie andere Gesundheitskrisen wirksam zu bekämpfen, brauchen wir einen funktionsfähigen Öffentlichen Gesundheitsdienst“, sagt der Vorsitzende des Landesverbandes der Ärzte im ÖGD, Dr. Johannes Nießen.

Der Umfrage zufolge greifen die bisherigen Ansätze, Fachärztinnen und Fachärzte für den Öffentlichen Gesundheitsdienst zu gewinnen, zu kurz. Nur wenige Ärzte in Gesundheitsämtern erhalten außertarifliche Sonderregelungen. Oft können Stellen nicht oder nur nach mehrfachen Ausschreibungen qualifiziert besetzt werden.

„Die 86. Gesundheitsministerkonferenz am 26./27. Juni 2013 in Potsdam forderte ebenso eine Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Passiert ist quasi nichts. Die Tätigkeit von Ärzten im Öffentlichen Gesundheitsdienst ist ebenso wie die anderer Ärzte von hoher Verantwortung geprägt. Es wird häufig außer Acht gelassen, dass ohne den Öffentlichen Gesundheitsdienst die medizinische Betreuung sozial benachteiligter, psychisch kranker und wohnungsloser Menschen ins Schleudern geriete. Die Wertschätzung für diese gesellschaftlich so bedeutsame Aufgabe muss sich endlich auch materiell in angemessenen Tarifen für die Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst niederschlagen“, fordert der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes in Hamburg Rudolf Klüver.